Wiesbadener Kurier vom 08.02.2023
Der TV Idstein will so 40.000 Euro mehr einnehmen und damit die hohen Pelletpreise kompensieren
Von Volker Stavenow
IDSTEIN. Die hohen Energiepreise machen nicht nur privaten Haushalten das Leben sehr schwer, sondern auch Vereine haben finanziell damit zu kämpfen, ihre eigenen (Sport-)Hallen zu erwärmen. Der TV 1844 Idstein (TVI) – mit 4000 Mitgliedern einer der größten Vereine in der Region – begegnet den hohen Energiekosten auf zwei Ebenen: Einmal versucht der Traditionsverein, mit Nachrüstung technisch besserer Ausrüstung Energie einzusparen, und zum anderen erhebt der TVI bei allen seinen Mitgliedern eine Energiekostenpauschale von einem Euro pro Monat in 2023 – zusätzlich zum Vereinsbeitrag.
Krieg und Inflation als Kostentreiber
„Nach zwei Jahren Corona-Pandemie, in der fast alle Sportvereine Mitglieder verloren haben, stehen die Vereine vor einer weiteren Herausforderung: den gestiegenen Energiekosten. Die zum Teil drastisch gestiegenen Preise belasten auch den TV Idstein mit seinen eigenen Sporthallen erheblich. Während der TV Idstein insgesamt nur einen leichten Rückgang der Mitgliederzahl zu verzeichnen hat, sind dagegen die finanziellen Auswirkungen der gestiegenen Energiekosten enorm. Sie schlagen zusammen mit der Inflation auf eigentlich alle Ausgaben durch“, schildert es Andreas Reuther, Sprecher des geschäftsführenden TVI-Vorstands.
„Ende 2022 haben sich die Kosten für Strom und Pellets bereits fast verdoppelt. Für das Jahr 2023 herrscht Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Energiepreise, eine Kalkulation der Betriebskosten wird hierdurch erschwert. Erhöhen werden sie sich in jedem Fall deutlich“, weiß auch Julia Baier, seit etwa sieben Jahren Vorstand für Finanzen im TVI. Während die Situation energetisch in 2020 noch entspannt gewesen sei, habe sich dies durch Krieg und Inflation mit damit verbundenen stark ansteigenden Energiekosten verändert. „Vor Corona hatten wir jährliche Mitgliederbeitragseinnahmen von rund 420.000 Euro. Das ist 2021 das auf 370.000 Euro heruntergebrochen.“ Die Ausgaben, zum Beispiel für die Angestellten oder die Übungsleiter, blieben demgegenüber bestehen. Teilweise fielen laut Baier im Jahr bis zu 500.000 Euro dafür an. Der TVI beheizt sein Sportzentrum am Himmelsbornweg mit einer Pellets-Heizung. Im Quartal kosteten 15 Tonnen Pellets gut 4400 Euro. Ende 2022 habe sich das mehr als verdoppelt – auf 9800 Euro.
„Wir haben also überlegt: Wie können wir das kompensieren?“, so Julia Baier. Unter Anleitung von Ulrich Werlein, TVI-Vorstand für Gesundheitssport, wurden die Lampen in Monaten der großen Sporthalle Zug um Zug auf LED umgerüstet. „Die Stromkosten senken sich so auf ein Drittel. Aber die neuen Leuchtmittel haben ja auch 5000 Euro gekostet. Das muss sich amortisieren“, skizziert Reuther. Außerdem wurden die Leuchtstärke in den Hallen und die Hallentemperaturen reduziert, Pellets so weit als möglich, zu günstigen Preisen bevorratet.
Der Sportplatz soll ebenfalls eine LED-Anlage bekommen. „Aber auch durch diese Sparmaßnahmen wird es nicht ansatzweise möglich sein, die Mehrkosten zu kompensieren“, weiß Reuther. Da Vereine gemäß Satzung keine Gewinne erwirtschaften dürfen, gibt es eben auch kein „großes Sparbuch“, auf das der Verein zurückgreifen kann.


Der Vorstand des TV Idstein ist daher froh, dass im vergangenen Jahr die Mitgliederversammlung einem Zusatzbeitrag für Energiekosten – einstimmig – zugestimmt hat. Der Zusatzbeitrag wird nun zunächst für das Jahr 2023 erhoben und in einem eigenen Konto gebucht, damit seine sachgerechte Verwendung geprüft werden kann. „Das sind zwölf Euro im Jahr pro aktives Mitglied. Im Jahr kommen so um die 40.000 Euro zusammen. Das ist so in etwa die Differenz zu den aktuellen Betriebskosten von 100.000 Euro. Vorher waren es immer so zwischen 60.000 und 70.000 Euro“, rechnet Julia Baier vor. „Das ist ein einmaliger Beschluss des TV nur für 2023. Wir schauen am Jahresende, ob es so funktioniert hat und wie die Entwicklung bei den Energiepreisen ist.“ Dieser Zusatzbeitrag wird zusammen mit dem aktuellen Jahres- oder Halbjahresbeitrag eingezogen. Erstmalig im Februar 2023 und danach wieder im Juli 2023. Julia Baier weiß, dass zum Beispiel auch Fitnessstudios Energiezuschläge von Mitgliedern erheben oder sogar, aufgrund der hohen Kosten, ihre Saunen schließen.
„Dennoch wird der sparsame Energieverbrauch weiterhin im Mittelpunkt stehen: Wo möglich Licht aus, Heizung runter“, so der TVI-Vorstandssprecher Andreas Reuther. Fotovoltaik habe der TV schon zum Teil auf dem Dach. Weitere energetische Überlegungen seien vorhanden, hingen aber von der Abwägung zwischen Kosten und Nutzen ab. Der TVI müsse ja finanziell immer in Vorlage treten. „Neue Übungsgruppen, die noch freie Hallenzeiten – zum Beispiel vormittags – füllen würden, wären für uns eine Entlastung. Natürlich auch viele weitere neue Mitglieder.”
„AB IN DEN SPORTVEREIN”
„Bring Bewegung in dein Leben – Ab in den Sportverein“ – unter diesem Motto ist eine neue Kampagne des Deutschen Olympischer Sportbundes (DOSB) und des Bundesinnenministeriums (BMI) gestartet. Keine Frage, Sport tut gut – und macht im Verein gleich noch mehr Spaß. Darüber hinaus gibt es auch noch viele weitere Vorzüge: gegenseitige Motivation, neue Freund- und Bekanntschaften, das Wirgefühl, eine gesunde Routine im Alltag und neue Impulse für das eigene Leben. Das ist es, was einen Sportverein ausmacht.
Ziel der Bewegungskampagne des DOSB und BMI ist es, die Menschen in Deutschland zu mehr Sport und Bewegung zu animieren und die Sportvereine in Deutschland zu stärken. Seit dem 24. Januar können sogenannte „Sportvereinschecks“ gebucht werden. Insgesamt 150.000 Sportvereinschecks stehen zum Download zur Verfügung und können von Menschen, die noch nicht in einem Sportverein Mitglied sind, als Zuschuss für eine Vereinsmitgliedschaft in Höhe von 40 Euro in Sportvereinen eingelöst werden. Mehr Informationen dazu finden sich auf der Kampagnen-Website www.sportnurbesser.de.
Antrag stellen: https:// foerderportal.dosb.de/gutschein aktion/sportvereinsscheck/.
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